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Sehr geehrter Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren,
welch´eine Woche!
Entscheidungen pro und contra, Abwägungen, neue Ereignisse, Überlegungen, emails, Telefonate - bis gestern Abend 20.45 Uhr wussten wir nicht, ob wir dem Haushaltsentwurf zustimmen sollten oder nicht.
Doch der Reihe nach:
Mittwoch 4.2. in der Zeitung die Schlagzeile: Neubau 400 000 Euro billiger als Anbau - CDU für Unterkunft im Rieseler Feld. Dies alles nach der Hauptausschusssitzung, in der uns ein Bürger aus Beverungen mit bewegenden Worten die dezentrale Unterbringung von Asylbewerbern innerhalb eines Dorfes geschildert hat.
Mir blieb zunächst die Sprache weg.
Der Rat hatte in seiner Dezembersitzung die Verwaltung beauftragt, neue Grundstücke für eine Unterkunft zu suchen und von einer Architektin auf Bebaubarkeit und Kosten untersuchen zu lassen. Das Ergebnis sollte im Bauausschuss am Donnerstag, den 5.2. vorgestellt werden. Dieser Ausschuss ist das vom Rat und damit von den Bürgerinnen und Bürgern gewählte Gremium, das nach Kenntnis aller Fakten abwägt, diskutiert und entscheidet und diese Entscheidungen dem Rat vorlegt. Der Rat ist der Entscheider und nicht der CDU-Stadtverband, der als wichtiges Parteiorgan selbstverständlich seine Meinung sagen sollte, aber es geht nicht an, dass gewählte Ratsvertreter unter Druck gesetzt werden.
Wir sind für das freie Mandat gewählter Volksvertreter. Im andern Falle brauchten der Bürgermeister und die Verwaltung ja nur mit der Mehrheitspartei verhandeln, die anderen gewählten Mandatsträger wären überflüssig. 50,8% bedeutet natürlich die absolute Mehrheit, aber man soll bedenken, dass 49,2% der Wählerinnen und Wähler anders gewählt haben.
Oder - so fragen wir - ist dieses Verfahren - ich zitiere - "die junge geile CDU-Politik", die uns im Wahlflyer einer Ratskollegin angekündigt worden ist? Wir bitten die CDU-Fraktion um Aufklärung.
Dass es auch ganz anders geht, erfuhren wir am Dienstag im Haupt- und Finanzausschuss. Ich lobe ausdrücklich die besonnene und geschickte Sitzungsleitung unseres Bürgermeisters Hermann Temme. Jede und jeder konnte ausführlich ihre und seine Vorstellungen zum Haushalt vortragen, es wurde alles in Ruhe abgewogen. CDU, SPD und UWG/CWG hatten Papiere vorgelegt, die die Verwaltung rechtzeitig verschickt hatte. Ausdrückliches Lob und Dank an die drei genannten Fraktionen.
Wir konnten uns in einer langen, aber nicht langweiligen Sitzung auf alles einigen, z.T. haben wir die Vorschläge übernommen, z.T. Kompromisse gefunden. Fragen, die nicht sofort geklärt werden konnten, wurden einstimmig auf die heutige Ratssitzung vertagt.
So funktioniert Demokratie vorbildlich, und so soll es nach unserem Wunsch auch in Zukunft sein.
Zum Haushalt noch 8 Anmerkungen, Hinweise und Wünsche :
1. Gesamtschule
Wir danken der SPD-Fraktion und besonders Dirk Multhaupt für den Vorschlag, den 2. Bauabschnitt der Mensa vorzuziehen. Wir freuen uns, dass gestern im Betriebsausschuss um 20.45 Uhr die größte Fraktion auch zugestimmt hat. Wir glauben, dass es billiger und vernünftig ist, bei den z.Zt. herrschenden Konditionen sofort das 2. Stockwerk zu bauen.
2. Mensa
Die Mensa muss attraktiv sein. Qualitätsmäßig gutes Essen, Sauberkeit, Freundlichkeit und gemeinsames Essen aller Schülerinnen und Schüler gehören dazu. Ich verweise auf unseren Besuch in der Gesamtschule Ahlen, so oder ähnlich soll es auch in Brakel sein. Ein Blick in die heimischen Tageszeitungen zeigt, dass wir mit unserm einstimmigen Beschluss für die Errichtung einer Gesamtschule das Richtige getan haben.
3. Standort des Asylbewerberheimes (fakultativ)
Wir sprechen uns ohne Wenn und Aber für den Standort zwischen Feuerwehr und DRK-Heim aus. Wir können nicht Integration auf unsere Fahnen schreiben und das Heim - ausschließlich aus vermeintlichen Kostengründen - weit außerhalb der Stadt bauen. Neben den schon ausführlich geäußerten Argumenten möchte ich noch 2 Aspekte anführen:
Wir waren uns einig, dass ein Hausmeister für das Heim eingestellt werden muss. Wie kann ein Hausmeister einen Blick auf die Unterkunft in der Märsch werfen, wenn er erst 3 km mit dem Auto fahren muss? An die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer ist auch nicht gedacht, die z.T. ohne eigenes Fahrzeug die Unterkünfte aufsuchen wollen bzw. müssen.
Heute wurde gemeldet, dass nach Angaben des Bundesinnenministeriums im Jahre 2014 über 150 Anschläge auf Asylbewerberheime registriert worden sind. Jede abseitige Lage weit von der bebauten Stadt entfernt erhöht das Risiko. Auch von Mitgliedern des Polizeibeirats wurden Bedenken gegen diesen Standort geäußert. Nur die Möglichkeit der Nachnutzung, von der keiner weiß, ob und wann sie eintritt, ist uns als Argument zu wenig. Natürlich müssen wir sparsam mit den Steuern der Bürger umgehen, aber die Lösung an der Feuerwehr ist nach Angaben der Verwaltung auch die preislich günstigste.
4. Hilfen für Flüchtlinge
Durch die Mitarbeit im ökumenischen Arbeitskreis Flüchtlingshilfe bekomme ich viel mit. Ich bedanke mich bei ganz vielen ungenannt bleibenden Spendern, Helfern und Institutionen. Aber auch bei den Mitarbeitern der Stadtverwaltung, die in den letzten Wochen und Monaten weit mehr geleistet haben als von Ihnen normalerweise zu verlangen ist. Ich bitte den Herrn Bürgermeister, diesen Dank an die Betreffenden weiterzugeben.
Nicht nur unser Gewissen, sondern auch der Dank, in einem geordneten Gemeinwesen in Frieden leben zu dürfen, sollte uns Ansporn sein zu helfen.
In diesem Zusammenhang erinnere ich auch an die Aktion "Tischlein deck dich", an die Kleiderkammer, an das Möbellager, und an die vielen ehrenamtlichen Helfer und Unterstützer, z.B. auch bei Adventsessen für Bedürftige.
5. Haushalt 2015
Zum Haushalt selber:
Ja - unsere Verschuldung steigt in diesem Jahr nach mehr als 15 Jahren, die überwiegend durch Schuldenabbau gekennzeichnet waren. Wir können dies verantworten, wenn in den nächsten Jahren wieder gespart wird.
Sparen können wir im Wesentlichen bei den laufenden Ausgaben. Der Bürgermeister hat zugesagt, dass gegen Ende des Jahres ein Gutachten vorliegen wird, das innerhalb der Verwaltung erstellt wird und die Abläufe des Verwaltungshandelns transparent machen soll. Danach können und müssen wir über Konsequenzen reden, die im Einzelfall schwierig und unangenehm sein werden.
6. Gebühren
Dazu gehören u.a. maßvolle Steuer- und Gebührenerhöhungen. Wir tragen die Anpassung der Eintrittspreise im Hallen- und Freibad mit, wir bitten die Verwaltung um eine angemessene Erhöhung der Grundsteuer A im Haushalt 2016. Bei allen Maßnahmen geht es uns um den Abbau der Verschuldung und gleichzeitig um eine gerechte und tragbare Belastung der Bürger.
7. Dorfentwicklung
Wir hören, dass in einigen Stadtteilen Dorfwerkstätten Dorftage, Aktionen zur Verbesserung des Wohnumfeldes usw. angepackt worden sind. Ich bitte den Bürgermeister, mit den Bezirksausschussvorsitzenden und den Bezirksverwaltungsstellenleitern abzuklären, dass in der 2. Jahreshälfte wieder ein Bericht im Rat abgegeben wird über einzelne Fortschritte, aber auch über negative Erfahrungen in unseren Dörfern. Wir glauben nach wie vor, dass nur durch ehrenamtliche Tätigkeit die Lebensqualität in Brakel und den Ortsteilen erhalten und verbessert werden kann.
8. Volkshochschule
Bürgerinnen und Bürger bemängeln, dass die Zahl der Vhs-Veranstaltungen in Brakel, verglichen mit den andern Städten des Zweckverbandes, zurückgegangen sei. Ich bitte unsere Vertreter im Zweckverband, dies zu überprüfen und in einer der nächsten Sitzungen Bericht zu erstatten.
Da wir sicher sind, dass unsere Kritik und unsere Anregungen positive Folgen haben werden und von der Verwaltung und anderen Entscheidungsträgern umgesetzt werden, stimmen wir dem Haushalt 2015 zu. Wir danken der Verwaltung und dem Bürgermeister für ihre geleistete Arbeit, besonders aber Herrn Schlenhardt für die guten Haushaltsberatungen und wünschen der Stadt Brakel und allen Bürgern und Einwohnern alles Gute.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Es gilt das gesprochene Wort. Freigegeben am 10.2.2015 18 Uhr
Meinolf Schulte, Fraktionssprecher BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
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